Leserbrief von Siegfried Hartmann („Itzi“)

Es war vor etwa zwei Jahren, als meine Schwester Bettina und ich auf eine ungewöhnliche Idee kamen. Wir wollten die Grenzer zählen - jene Männer, die in unserem Dorf Frankenheim geblieben waren, und auch die, die mit den Schönheiten des Ortes weggezogen waren.

Der Anlass war eigentlich ganz persönlich: Bettina ist selbst mit einem ehemaligen Grenzer verheiratet und hat zwei Kinder mit ihm. Wir fragten uns: Wie viele Nachkommen haben wir eigentlich den Grenzern zu verdanken?

Auch mein Vater war einst Grenzer, und ich selbst habe drei Kinder und sieben Enkelkinder. Die Neugier trieb uns an, und so begannen wir mit unserer Recherche.

Wir gingen akribisch jedes Haus in Frankenheim durch, einmal vor und einmal zurück. Wir durchforsteten alte Unterlagen, sprachen mit Nachbarn und sammelten Informationen. Die größte Herausforderung waren diejenigen, die in der Zeit von 1945 bis 1952 weggezogen waren.

Viele Spuren hatten sich im Laufe der Jahre verloren. Nach einer Pause wagten wir einen zweiten Anlauf, fragten erneut bei Bürgern nach und vertieften unsere Recherche.

Jetzt, nach zwei Jahren, können wir sagen: Wir haben es größtenteils geschafft. Eine hundertprozentige Garantie gibt es natürlich nicht, aber wir sind stolz auf unser Ergebnis.

Unsere Ergebnisse:

Grenzer, die im Ort geblieben sind, geheiratet und Kinder bekommen haben:

69 Soldaten
deren Kinder: 141
deren Enkel: 116

Gesamt: 326 Bürger

Grenzer, die mit Frankenheimer Mädchen weggezogen sind:

83 Soldaten

Bei den Nachkommen der Weggezogenen war es unmöglich, die genaue Zahl der Kinder und Enkel zu ermitteln. Daher haben wir eine mathematische Schätzung vorgenommen:

Wenn jeder der 83 Soldaten mit seiner Ehefrau durchschnittlich 1,5 Kinder hätte, wären das rund 125 Kinder.
Wenn diese 125 Kinder wiederum jeweils 1 Kind hätten, wären das weitere 125 Enkel.

Insgesamt also: 83 (Grenzer) + 125 (Kinder) + 125 (Enkel) = 233

Zusammenfassung:

Im Ort ansässige Nachkommen: 326
Weggezogene Nachkommen: 233
Gesamt: 569 Bürger

Mittlerweile gibt es auch schon Urenkel, die wir nicht mehr erfasst haben. Diese Zahl entspricht in etwa der Einwohnerzahl von Reichenhausen, Erbenhausen und Schafhausen zusammen.

Das Rhöner Blut wurde in den 30 Jahren der DDR gut durchmischt, und es sind alles standhafte Bürger geworden. Die Grenzer haben nicht nur ihre Pflicht erfüllt, sondern auch Spuren hinterlassen - in unseren Familien und in unserem Dorf.

Diese Geschichte erzählt nicht nur von Zahlen, sondern von den Menschen, die unser Dorf geprägt haben. Es ist ein Stück Zeitgeschichte, das in unseren Familien weiterlebt.