Vortrag brachte „feuchte Augen“ – Bergbaugeschichte im Werra-Kalirevier

Gastbeitrag von Gerhard Hill

Andächtige Betroffenheit war bei den ca. 80 Zuhörern am vergangenen Freitag im Dorfgemeinschaftshaus Merkers zu spüren, als die Sprache auf das schreckliche Elementarereignis, den CO2-Ausbruchs am 1. Oktober 2013, kam.

40 Mio. m³ des tödlichen Gases sind explosionsartig in den Grubenbau geströmt. Mitgerissen wurde einiges an Technik, die Schäden beliefen sich auf ca. 5 Mio. Euro.

Das Schlimmste war aber: Es hat Opfer gegeben. Aber drei Bergleuten ist es gelungen, sich zu retten. Ein betroffener Zeitzeuge, Bergmann Heiko Dreißigacker, war ebenfalls im Raum.

Er hat den Vortrag mit „gemischten Gefühlserinnerungen“ begleitet. Seine authentischen Schilderungen wurden  von andächtiger Betroffenheit der Besucher begleitet.

Aber nicht nur der Tag und die Wochen nach dem weltweit größten derartigen Unglück standen im Zentrum des Referates von Herrn Dipl. Ing. Hartmuth Baumert, der seinerzeit Leiter der Produktion und Technik für die Gruben Unterbreizbach/Merkers war.

Der gut zweistündige Vortrag beinhaltete auch einen beachtlichen zeitlichen Vorlauf, die Historie vor dem Unglückstag, der unerwarteten Dimension dieser Katastrophe.

Bergtechnische Sicherheits- und Vorsorgemaßnahmen, über das Maß, der vorgeschriebenen Routine hinaus, waren angeordnet und wurden umgesetzt.

Maßnahmen für die Sicherheit, für das Leben und die Gesundheit der Untertage-Beschäftigten hatten, nicht nur unter seiner Leitung, stets höchste Priorität.

An keiner Stelle der Verantwortungskette gab es Mängel, nicht das geringste Versagen wurde in den folgenden umfangreichen Untersuchungen ermittelt.

Der „Freispruch“ durch Bergamt und Staatsanwaltschaft war umfassend. Das mit diesem Unglück verbundene Leid traf nicht nur die Familien der Betroffenen. Auch die zum Vortrag erschienenen Kumpels wurden - wie bereits erwähnt - andächtig und nachdenklich.

Nicht nur beim Referenten waren „feuchte Augen“ eine Begleiterscheinung, während der Zeit der Schilderungen des Unfallhergangs. Unvorhersehbar, nicht zu verhindern, mit den damals vorhandenen Prognosetechniken. Allgegenwärtige Tatsache - das Risiko ist permanent.

Die bergmännische Solidarität war zu allen Zeiten ein Unterpfand für die tägliche Bewältigung der Untertagearbeit. Die überlieferten und gelebten Arbeitsrisiken und vielleicht auch die inneren Befürchtungen haben die Kumpel für alle Zeiten zusammengeschweißt.

Von Baumert wurde, neben vielen interessanten, die Thematik veranschaulichenden Abbildungen, auch eine Unfallstatistik präsentiert. Häufig waren Opfer zu beklagen, wenn diese Personen gegen einschlägige Vorschriften und sogar gegen eigenes bergtechnisches Wissen verstoßen haben.

Im Fall von Unterbreizbach seien weder Leichtsinn noch Regelverstöße beanstandet worden. Hartmuth Baumert hat die Chronologie der Ereignisse, begleitet von visuellen und praktischen Beispielen, auch für Nichtbergleute nachvollziehbar vorgetragen.

Im großen Raum der „Alten Schule“ hätte man das leiseste Mäuschen hören können, so aufmerksam lauschten die Anwesenden den Ausführungen.

Der Merkerser Heimat- und Geschichtsverein organisiert seit Herbst 2024 Vorträge mit ehemaligen oder aktuellen Verantwortungsträgern.

Das betrifft sowohl Übertage-, als auch Untertage-Funktionen. Die Herren Dr. Peter Marggraf und Dr. Hartmuth Kloth waren die bisherigen Referenten, nun folgte Hartmuth Baumert.

Das aktuelle Thema, zu dem der Verein dieses Mal eingeladen hatte: „CO2-Vorkommen in der Kali-Lagerstätte des Werrareviers – und die damit verbundenen Risiken“, stieß auf großes Interesse - auch, wenn es aus der Zuhörerschaft, nach Vortragsende, nur wenige Nachfragen gab.

Baumert ist es gut gelungen in einer allgemeinverständlichen Sprache die Komplexität des Bergbaus in „unserer Region“ darzustellen. Ein Beleg für seine Kompetenz und Gründlichkeit, waren auch die ca. 80 Schaubilder. Den Zuhörern wurde an keiner Stelle „langweilig“.

Der Applaus der anwesenden Kumpel und vor allem die Gruppen- und Einzel-„Auswertungen“ in persönlichen Gesprächen nach der Beendigung der Ausführungen, waren Beleg für das umfassend positive Echo.

Herzlichen Dank und herzliches „Glück Auf“ dem Referenten und natürlich den Besuchern.

Die benannte Veranstaltungsreihe findet am 14. März 2025, ebenfalls um 15 Uhr im Dorfgemeinschaftshaus Merkers / Alte Schule, ihre Fortsetzung. Über die Frühjahrs- und Sommermonate haben auch die Bergleute anderes zu tun, als Vorträge zu besuchen.

Aber im Herbst sind Fortsetzungen geplant. „Für uns und die interessierten Gäste recht wichtig: Mundpropaganda, das Weitergeben von Terminen und Veranstaltungsinformationen. Rhönkanal lesen und Aushänge beachten!“, heißt es vom Vereinsvorstand.

Genau wie im folgenden Fall: Der Referent ist Herr Dipl. Ing. Dieter Friedrich mit der Funktion „Werkleiter“ in den 1990er Jahren. Das gewählte Thema: „Erinnerungen an meine Zeit im Kalibergbau im Werra/Ulster-Revier“.

Zur Begrüßung wurde auch wieder eine der Attraktionen des Vereins, die phänomenale Bildersammlung mit KALI-Geschichte, gezeigt. Eine Sammlung mit über 1.500 großformatigen Fotos, die Dank des umfangreichen Archivs von W. Wollny, zustande gekommen ist.

Herein spaziert und angeschaut, herein spaziert und mitgemacht!

Öffnungszeiten: Gruppen nach Anmeldung (vielleicht ist euer Brigadetagebuch ja auch bei uns gelandet?), ansonsten (fast) jeden Freitag ab 15 Uhr und (fast) jeden 2. Sonntag eines Monats, ebenfalls 15 Uhr.

„Alles“ mit Kaffee und Kuchen. In den Haupturlaubsmonaten geschlossen.