Kirchenjubiläum in Steinbach: Seit 600 Jahren wird hier singend gebetet

Gastbeitrag von Julia Otto

Passend zum Sonntag Kantate wurde in und vor der Kirche in Steinbach gesungen und gejubelt. Mit einem festlichen Regionalgottesdienst eröffneten die Kirchengemeinden des Altensteiner Oberlands gemeinsam das Festjahr zum 600. Jubiläum der ersten urkundlichen Erwähnung einer Kirche in Steinbach.

Im Jahr 1425 wurde dort erstmals eine Holzkirche erwähnt. Nach einem Brand entstand an ihrer Stelle die heutige steinerne Dorfkirche. Gleichzeitig feiert die Evangelische Kirchgemeinde Steinbach den Abschluss der über 40 Jahre dauernden Innen- und Außensanierung ihrer barocken Kirche.

Das Motto „Singet dem Herrn ein neues Lied“ (Psalm 98) prägte nicht nur den Gottesdienst inhaltlich, sondern wurde auch mit viel Freude gesungen.

Ein Fest des Gesangs und der Erinnerung

Rund 170 Gäste aus nah und fern kamen zur steilst gelegenen Kirche im Kirchenkreis Bad Salzungen-Dermbach. Bei frühlingshaftem Wetter feierten sie gemeinsam den Auftakt des Jubiläumsjahres.

Pfarrer Peter Nietzer leitete die Liturgie, Superintendent Christoph Ernst erinnerte mit seiner Festpredigt (Apg. 16,23–34) zur unerschütterlichen Kraft des Gemeindegesangs:

„Sonntag Kantate – heute singen wir, heute loben wir Gott mit unseren Stimmen. Lieder verschaffen Trauer, Verzweiflung und Freude eine Stimme, sodass Hoffnung trägt, Angst überwunden und Trost sowie Zuversicht gestiftet werden.“

Christoph Ernst spannte den Bogen von den Gospelsongs amerikanischer Sklaven, die „Hoffnung zum Klingen“ brachten, über Paulus und Silas im Gefängnis – „Menschen singen – und Mauern stürzen ein“ – bis zur Friedlichen Revolution 1989, zu der er Horst Sindermann (SED) zitierte: „Wir waren auf alles vorbereitet, nur nicht auf Kerzen, Lieder und Gebete.“

Mit Blick auf das 600-jährige Jubiläum der Steinbacher Kirche ermutigte Christoph Ernst die Gemeinde zum fröhlichen Singen: „Seit 600 Jahren wird hier singend gebetet und betend gesungen – zum Lobe und auch zur Klage Gottes.“

Musik als Herzenssprache der Gemeinde

Musikalisch wurde der Gottesdienst von einem abwechslungsreichen Programm zahlreicher Chöre aus der Region bereichert.

Unter der Gesamtleitung von Kirchenmusikerin Klaudia Camilla Twardzik-Poloczek und Kreiskantor Damian Poloczek gestalteten der Kirchenchor Steinbach, der Frauenchor Bad Liebenstein, die Kirchenchöre aus Fambach und Schweina, der Gospelchor Schweina unter der Leitung von Dorothee Willer sowie der Posaunenchor Schweina das musikalische Programm.

Zudem vereinten sich über 40 Sängerinnen und Sänger sowie 11 Mitglieder des Posaunenchores Schweina zu einem großen Ensemble, das gerade so in den Altarraum passte und für eine festliche Stimmung sorgte.

Ein besonderer Höhepunkt war die Wiederaufführung eines Osterliedes von Michael Altenburg (1584–1640), das Steffi Oppelt in der historischen Adjuvantensammlung des Kirchenarchives wiederentdeckt hatte.

Nur die Sopranstimme war überliefert – Kreiskantor Damian Poloczek rekonstruierte die fehlenden Stimmen und ließ das Werk gemeinsam mit dem Kirchenchor Steinbach in neuem Glanz erklingen. Dafür gab es einen großen Applaus von den Gästen.

Ehrung für jahrzehntelanges Engagement

Ein besonders bewegender Moment des Festgottesdienstes war die Ehrung von Dipl.-Ing. Heide Lochner, Bauingenieurin aus Bad Liebenstein. Über zwei Jahrzehnte begleitete sie die umfassende Sanierung der Steinbacher Barockkirche mit großem Fachwissen, Ausdauer und Herzblut.

Freia Malsch, Vorsitzende des Gemeindekirchenrates, überreichte ihr im Namen der Kirchgemeinde einen Blumenstrauß und sprach ihr den herzlichen Dank aller aus.

Heide Lochner erinnerte sich an die herausfordernden Phasen – insbesondere an die Dachsanierung: „Damals habe ich nächtelang nicht geschlafen, weil der Hausschwamm die Kosten in die Höhe trieb. Aber es hat sich immer eine Tür geöffnet. So etwas gelingt nur mit guten Handwerkern – und mit Vertrauen.“

Pfarrer Peter Nietzer würdigte das Engagement zahlreicher weiterer Beteiligter: Ein besonderer Dank galt zudem der langjährigen Vorsitzenden des Gemeindekirchenrates, Freia Malsch, sowie den ehemaligen Pfarrerinnen und Pfarrern Wiltrud Bohm, Christine Behrend, André Wiethölter, Elisabeth Eschweiler und Wiebke Endter, die das Projekt über viele Jahre mit Beharrlichkeit und Durchhaltevermögen begleitet haben.

Auch das Engagement der Steinbacher Bevölkerung hob Pfarrer Nietzer hervor: „Bis zum 31. Januar 2025 kamen allein für den letzten Bauabschnitt, den ich als eine der vielen Durststrecken bezeichne, rund 11.000 Euro an Spenden zusammen – überwiegend aus Steinbach. Ein Ausdruck tiefer Verbundenheit und aller Ehren wert.“

Ein Gemeinschaftswerk vieler Hände und Herzen

Die Sanierung der Steinbacher Kirche war ein Kraftakt – und ein beeindruckendes Gemeinschaftswerk vieler Menschen, Institutionen und Handwerksbetriebe.

Allein der letzte Bauabschnitt, die denkmalgerechte Erneuerung des Außenputzes, kostete rund 290.000 Euro. Neben der Kirchgemeinde und dem Kirchenkreis unterstützten insbesondere die Stadt Bad Liebenstein, der Freistaat Thüringen und der Bund das Vorhaben.

„Ihr habt vieles möglich gemacht, als uns die Kosten davonzulaufen drohten“, so Pfarrer Nietzer. Am letzten Bauabschnitt der Sanierung waren zahlreiche Fachleute beteiligt:

Dipl.-Restaurator (FH) Stephan Scheidemann aus Friedrichroda übernahm die Planung der Sanierung für die Sandsteinelemente. Die Putz- und Malerarbeiten wurden von der Wagner Maler- & Putzer GmbH aus Floh-Seligenthal ausgeführt.

Die Morgenweck Naturstein & Restaurierung GmbH aus Berka steht für die fachgerechte Ausführung aller Natursteinarbeiten. Die Elektroinstallationen übernahm der Elektromeisterbetrieb MALSCH GmbH aus Steinbach.

Für die denkmalgerechte Farbgestaltung war Restauratorin (FH) Birgit Jünger verantwortlich. Den Gerüstbau übernahm Silvio Schneider vom Gothaer Gerüstbau. Die Klempnerarbeiten führte die Dachdeckerfirma Hannes Büchner aus Schweina aus.

Zudem wies Michael Weidig von der Firma Silinwerk van Baerle & Co. KG aus Gernsheim die Handwerker vor Ort in eine spezielle Putztechnik ein. Die Tischlerei Uwe Reum aus Breitungen war für die Erneuerung der Fenster nach historischem Vorbild verantwortlich.

Über mehr als acht Jahre hat die Tischlerei unter Mitwirkung ihres 80-jährigen Subunternehmer Herbert Flossmann aus Bad Liebenstein die Fenster der Barockkirche mit mundgeblasenem Glas umfassend erneuert.

Pfarrer Nietzer erinnerte an die lange Historie der Bauarbeiten: „Manche, die einst den Grundstein legten, sind nicht mehr unter uns. Ihre Betriebe – wie etwa der Bauhof der Thüringer Landeskirche – gibt es nicht mehr, ihre Arbeitsstätten sind fast vergessen.

Und doch ist das Ergebnis heute sichtbar: Kirchenmaler, Dachdecker, Zimmerleute, Maurer, Putzer, Steinmetze, Gerüstbauer, Klempner und Elektriker haben Großartiges geleistet – sogar der Blitzableiter wurde neu verlegt, eine neue Turmuhr installiert. Vertreter fast aller beteiligten Gewerke sind heute anwesend. Ihnen allen gilt unser aufrichtiger Dank.“

Ehrengäste

Zu den Ehrengästen zählten unter anderem Markus Malsch, Staatssekretär im Thüringer Agrarministerium (CDU), Landrat Dr. Michael Brodführer (CDU) – zuvor zwölf Jahre Bürgermeister von Bad Liebenstein und damit auch für Steinbach zuständig – sowie seine Nachfolgerin, Bürgermeisterin Susanne Rakowski (CDU).

Auch die früheren Pfarrerinnen i.R. Elisabeth Eschweiler und Wiebke Endter nahmen am Festgottesdienst teil.

Dr. Michael Brodführer würdigte die Steinbacher Kirche als bedeutendes Wahrzeichen: „Hier haben schon unsere Vorfahren gewerkelt und gebetet – sie ist das geschichtsträchtigste Gebäude Steinbachs.“

Die Einwohnerversammlung, die er 2015 in der Barockkirche ins Leben gerufen hatte, sei eine Initialzündung für verschiedene Dorfentwicklungsprojekte gewesen. „Deshalb freut es mich sehr, dass wir heute wieder ein Stück weitergekommen sind.“

Ausblick

Der Festgottesdienst schloss mit einem festlichen Orgelnachspiel von Kreiskantor Damian Poloczek. Danach versammelten sich die Gäste zum Sektempfang vor der Kirche – mit schönem Blick auf Steinbach.

Für die musikalische Umrahmung sorgte der Posaunenchor Schweina. Die Gemeinde freut sich auf ein abwechslungsreiches Jubiläumsjahr mit vielen Veranstaltungen bis Dezember.

Der nächste Höhepunkt ist das Benefizkonzert für die Steinbacher Orgel am Sonntag, 25. Mai 2025, um 17 Uhr in der Barockkirche.

Es musizieren die Trachtenkapelle Steinbach sowie das Schulorchester der Regelschule Bad Liebenstein und das Schulorchester des Sulzberger Gymnasiums Bad Salzungen. Herzliche Einladung!