Als Bürgermeister der Stadt Kaltennordheim möchte ich zu o.g. Artikel Stellung nehmen. Als Bürgermeister begrüße ich jede politische Teilhabe der Bürger an Entscheidungsprozessen in unserer Stadt. Dabei ist es für mich selbstverständlich, die Meinungsvielfalt zu fördern und in die Entscheidungsprozesse mit einfließen zu lassen. Wenn dies jedoch dazu führt, dass einzelne Personen ihre unterschiedliche Auffassung dafür nutzen, um persönliche Angriffe und Beleidigungen gegen einzelne Personen oder Personengruppen zu führen, dann ist das nicht nur ein unzivilisiertes Verhalten sondern, verlässt auch den Boden der Demokratie.
Zu den persönlichen Beleidigungen selber möchte ich keine Ausführungen machen, sondern in die Debatte wieder Fakten einfließen lassen.
Im ersten Punkt der Begründung schreiben die Initiatoren des Bürgerbegehrens, die Stadt Kaltennordheim würde sich dem Votum einer Minderheit beugen. Fakt ist jedoch, dass weder die Stadt Kaltennordheim noch die VG Hohe Rhön am Ende die Entscheidung über die Kreiszugehörigkeit trifft. Diese Aufgabe kommt dem Thüringer Landtag zu. Der Thüringer Landtag und die vorgelagerten Verwaltungen müssen dazu die Gründe des öffentlichen Wohls sachlich prüfen. Weder der Wille des Bürgermeisters, des Stadtrates noch der Bürger sind in dieser Prüfung ausschlaggebend.
Für die Stadt Kaltennordheim bedeutet dies ganz konkret, dass es zu keiner Fusion und keinem Landkreiswechsel kommt, wenn die Gründe für den Wartburgkreis überwiegen. Eine Fusion mit künftiger Kreiszugehörigkeit im Wartburgkreis ist nach der gegenwärtigen Rechtslage schlicht unzulässig, da nicht alle Gemeinden der VG Hohe Rhön einer Eingliederung zugestimmt haben und es für diese Gemeinden anders als beispielsweise im Fall von Diedorf und Empfertshausen keine andere Möglichkeit einer Verwaltung gibt. Insofern muss man, wenn man diese Fusion möchte, den Landkreiswechsel in Kauf nehmen. Da gibt es unter den Gemeinden nichts zu verhandeln.
Weiterhin sprechen die Initiatoren den Stolz unserer Stadt an. Ich sehe den Stolz unserer Stadt nicht in der Frage der Kreiszugehörigkeit, sondern in der Frage, ob wir in 5 Jahren überhaupt noch als eigenständige Stadt Bestand haben (können). Der Stadtrat hat daher die einzig vorhandene Möglichkeit genutzt, um den Bestand unserer Stadt durch eine Erweiterung mittels Eingemeindung langfristig zu sichern. Bereits im Jahr 2012 hat es in Fischbach und Kaltennordheim zu diesen Themen Bürgerversammlungen gegeben. Jedoch waren die Vorgängerregierungen in Thüringen nie bereit, überhaupt nur über eine Verlegung der vorhandenen Kreisgrenze zu diskutieren, da es für eine Seite immer ein unangenehmes Thema ist.
Die jetzige Regierung bringt erstmalig diesen Mut auf. Dies rechne ich sehr hoch an. Ich würde daraus jedoch nicht den Schluss ziehen, dass künftige Regierungen ebenfalls bereit sind, sich dem Thema zu stellen. Insofern muss man bei verantwortungsvoller Herangehensweise immer mit einkalkulieren, dass ein Scheitern der aktuellen Reformbemühungen letztlich die Eingemeindung in die Gemeinde Dermbach bedeuten wird. Einwürfe aus der Bürgerversammlung in Fischbach haben zum Ausdruck gebracht, dass dies für einige Fischbacher eine bessere Option ist, wie der Rhönkanal berichtete.
Ich frage jedoch dann, wo in dieser Option der Stolz unserer Stadt bleibt? Auch kann Stolz sehr schnell in Arroganz umschlagen, wenn man denkt, man könne aufgrund der eigenen Größe seine Partner dem eigenen Willen unterwerfen. Die Frage, was ich getan habe, um der Stadt Kaltennordheim die künftige Zugehörigkeit zum Wartburgkreis zu erhalten, kann ich ganz klar beantworten. Zum einen habe ich in den Versammlungen in der Hohen Rhön für den Wartburgkreis geworben. Dieses Werben war auch Bestandteil verschiedener Presseberichterstattungen.
Zum anderen habe ich den Landrat des Wartburgkreises darum gebeten, gegenüber den Gemeinden der Hohen Rhön für den Wartburgkreis zu werben, da ich mir über meine beschränkten Möglichkeiten in diesem Werben bewusst war. Meine diesbezügliche Bitte wurde durch den Landrat des Wartburgkreises abgelehnt. Wenn man daher meine Arbeit an den Ergebnissen (Früchten) messen möchte, so sage ich ganz klar und voller Stolz, dass ich in Zukunft die Stadt Kaltennordheim lieber eigenständig im Landkreis Schmalkalden-Meiningen sehe als im Wartburgkreis in einer anderen Gemeinde eingemeindet.
Dass das Bürgerbegehren nicht das Zusammenwachsen mit der Hohen Rhön verhindern möchte ist positiv. Jedoch würde es das Zusammenwachsen mit der Hohen Rhön faktisch beendet wenn es erfolgreich wäre. Die Stadt Kaltennordheim ist im Jahr 2020 pleite, da uns die Einwohner für einen auskömmlichen Finanzausgleich fehlen. Ich widerspreche an dieser Stelle daher der Aussage, dass unsere Stadt noch die Kraft hätte, sich auf Jahre selbst zu verwalten. Die Tatsachen widerlegen die Behauptung. Diese Selbstverwaltung wäre nur auf Kosten unserer Bürger durch höhere Gebühren und Steuern noch möglich.
Ich lehne eine finanzielle Mehrbelastung für unsere Bürger klar ab. Zudem haben wir auch nicht als Bittsteller an die Tür der VG Hohe Rhön geklopft, sondern haben die Positionen durchgesetzt, die sich letztlich auf unsere Bürger auswirken. Diese Positionen waren zum Beispiel der Erhalt unserer Stadt mit ihrem Namen. Dadurch entsteht unseren Bürgern im Zuge der Eingemeindung kein Aufwand für die Umschreibung von Ausweis- und Fahrzeugpapieren.
Auch der Erhalt unserer Einrichtungen und unseres Ortsrechtes war ein elementarer Punkt. Insofern wird die Unterstellung eines „Schnellschusses“ einem Prozess nicht gerecht, der lange vor meiner Zeit als Bürgermeister begonnen wurde und ab dem Jahr 2015 durch intensive Verhandlungen und Diskussionen zu einem für die Stadt Kaltennordheim erfolgreichen Abschluss gebracht wurde. Mit einer einmalig hohen Fusionsprämie von 200 € pro Bürger (über 670.000 € für unsere 5 Ortsteile) durch das Land wird dieser Prozess zudem noch vergoldet und bringt kombiniert mit entsprechenden Fördermitteln die Finanzierung für verschiedene Investitionen in unseren Orten.
Der Landkreiswechsel selber wird nur einige wenige Bürger betreffen, die auch heute schon regelmäßig mit dem Landkreis zu tun haben. Eine Eingemeindung nach Dermbach wie auch die zeitweise Fortsetzung der Eigenständigkeit würde hingegen jeden Bürger Geld kosten. Auch darf man im Wartburgkreis die Diskussion um die Eingemeindung von Eisenach nicht unbeachtet lassen. Die Optimisten, die glauben, dass Bad Salzungen sich als Kreisstadt gegen Eisenach durchsetzen kann, werden nicht diejenigen sein, die es ausbaden müssen, wenn diese Hoffnung stirbt. Da wäre die Kreisstadt Meiningen für unsere Bürger ganz klar die bessere und sicherere Option.
Auch empfinde ich es als sehr freie Auslegung, dass ich mit meiner geplanten Befragung zu den Fusionsplänen die Bürger wie unmündige Kinder behandeln würde. Auch habe ich einzelnen Kritikern der Fusion im Vorfeld angeboten, an der Vorbereitung der Befragung mitzuwirken. Bereits vor dem Stadtratsbeschluss zur Gebietsreform gab es von mir Angebote zur Bürgerbeteiligung, wie z.B. in Bürgerversammlungen. Auch wurde das Thema sowohl im Amtsblatt als auch in den freien Medien immer wieder aufgegriffen.
Die Tatsache, dass die Umsetzung der Fusionspläne näher gerückt ist, führte zu einem steigenden Interesse innerhalb der Bevölkerung über diese Fusion. Insofern war der Vorschlag von Bürgerversammlungen in Verbindung mit einer abschließenden Bürgerbefragung die logische Reaktion auf das gewachsene Interesse. Die Tatsache, dass knapp 4 Wochen nach meinen Vorschlag vom 25. April zur Bürgerbefragung ein formelles Bürgerbegehren am 23. Mai eingereicht wird, war für mich nicht voraussehbar. Zudem schließt die eine Befragung ein Bürgerbegehren nicht aus.
Eine Behandlung der Bürger wie unmündige Kinder durch eine Stadt sieht jedoch für mich anders aus.
gez. Erik Thürmer Bürgermeister