Keine Jahrgangsstufe 11 am Heinrich-Ehrhardt-Gymnasium Zella-Mehlis

Gastbeitrag von Christopher Eichler

Die Hoffnungen waren groß: Mit der Unterzeichnung einer Kooperationsvereinbarung hatten der Landkreis Schmalkalden-Meiningen und die Stadt Suhl beginnend ab dem Schuljahr 2023/24 eine symbolträchtige kreisübergreifende Zusammenarbeit des Heinrich-Ehrhardt-Gymnasiums in Zella-Mehlis und des Friedrich-König-Gymnasiums in Suhl besiegelt.

Die Kooperation der beiden Gymnasien, die mit dem Eintritt der damaligen Klassenstufen 10 in die Oberstufe begann, sollte den Schülern beider Schulen weitaus mehr Wahlmöglichkeiten im Kurssystem bieten als bisher – was im Zella-Mehliser Gymnasium angesichts sinkender Schülerzahlen nicht mehr länger möglich war.

Dafür wurde ein Wechselmodell entwickelt, bei denen die Gymnasiasten der 11. Klassen aus den beiden benachbarten Städten jeweils einen Wochentag zum Partner-Gymnasium pendelten, um dort unterrichtet zu werden.

Ein Schuljahr später sank die Zahl der Schüler am Heinrich-Ehrhardt-Gymnasium in der gesamten Klassenstufe 11, so dass ein Wechselmodell nicht mehr darstellbar war. Aus diesem Grund werden die Elftklässler aus der Ruppbergstadt aktuell komplett in Suhl unterrichtet.

Dafür ist auch ein nicht unbeachtlicher Teil des Kollegiums des Heinrich-Ehrhardt-Gymnasiums mehrmals in der Woche zwischen Suhl und Zella-Mehlis unterwegs.

Die Kurseinwahlzettel für die Oberstufe des kommenden Schuljahres ergaben nun, dass nur 13 der 40 Schüler der aktuellen Klassenstufe 10 im nächsten Schuljahr am Heinrich-Ehrhardt-Gymnasium bleiben wollen.

„Die restlichen Schüler haben angegeben, dass sie entweder andere schulische Laufbahnpläne wie einen Wechsel ans Berufsbildungszentrum oder eine Ausbildung anstreben, umziehen, aber auch aufgrund der beschränkten Kurs-Möglichkeiten am HEG die Schule wechseln würden“, berichtet die Schulleiterin des Heinrich-Ehrhardt-Gymnasiums, Christiane Meißner.

„Es gibt leider trotz intensiver Abwägungen mit allen Beteiligten keine Möglichkeit, für 13 verbleibende Schüler Kurse einzurichten“, erklärt sie. Daher habe man mit dem Schulamt festgelegt, dass es im kommenden Schuljahr 2025/2026 keine Jahrgangsstufe 11 am Heinrich-Ehrhardt-Gymnasium geben kann und wird.

Michael Kaufmann, Leiter des Staatlichen Schulamtes Südthüringen, erklärt dazu: „Wir haben deutliche Signale erhalten, dass die bisherige Kooperation des Heinrich-Ehrhardt-Gymnasiums mit dem Friedrich-König-Gymnasium insbesondere aufgrund sinkender Schülerzahlen nicht die erhoffte langfristige Lösung bietet. Es ist daher notwendig, die Ausgestaltung der weiteren Zusammenarbeit neu auszurichten.“

Landrätin Peggy Greiser, die sich stets für das Heinrich-Ehrhardt-Gymnasium stark gemacht hat, bedauert die Entwicklung: „Die Entscheidung, die Jahrgangsstufe 11 am HEG im kommenden Schuljahr auszusetzen, schmerzt mich als Zella-Mehliserin sehr.

Sie ist auf eine Kombination von sinkenden Schülerzahlen, dem Lehrermangel und die bei Kooperationen üblichen organisatorischen Herausforderungen zurückzuführen. Ich möchte aber betonen, dass wir als Schulträger aller staatlichen Schulen weiterhin alles daransetzen werden, eine Zukunft für gymnasiale Abschlüsse in Zella-Mehlis zu schaffen.

Wir wollen deshalb gemeinsam mit dem Bürgermeister der Stadt Zella-Mehlis mit Nachdruck an Lösungsmöglichkeiten arbeiten, um eine belastbare Perspektive zu entwickeln.“

Der Zella-Mehliser Bürgermeister und alle Fraktionen des Stadtrates sind überrascht und zugleich erbost über „diese unschönen Entwicklungen, die sich jedenfalls für uns so nicht abgezeichnet haben“, so Stadtchef Torsten Widder.

„Wir fordern auch in den nächsten Jahren ein Bildungsangebot in der drittgrößten Stadt des Landkreises, dass von der Grundschule bis zum Abitur führt.

Und ich erwarte darüber hinaus, dass die Gespräche über eine zukünftige strukturelle Entwicklung des Schulnetzes in Zella-Mehlis mit dem Ortsteil Benshausen in enger und vertrauensvoller Zusammenarbeit zwischen Schulträger, Schulamt und unserer Kommune erfolgen; da gibt es erste gute Anzeichen und da nehme ich auch die Landrätin beim Wort“, fordert der Zella-Mehliser Bürgermeister.

Für die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 10 wurde in einem Informationsschreiben an die betroffenen Eltern und Schüler auf die umliegenden Gymnasien hingewiesen, die eine nahtlose Aufnahme gewährleisten könnten.

Die Erfahrungen aus der bisherigen Pilotphase der Kooperation mit dem Friedrich-König-Gymnasium in Suhl werden evaluiert, um mögliche neue Ansätze zu entwickeln und eine langfristige Perspektive für die gymnasiale Bildung in Zella-Mehlis zu schaffen.