Symbol für einen Wendepunkt in der Geschichte: Last-Border-Patrol-Feier auf Point Alpha

Gastbeitrag von Wolfgang Weber

Vor 35 Jahren hat Colonel a.D. Clint Ancker die letzte Grenzpatrouille im Blackhose-Regiment an der Grenze zwischen Freiheit und Unfreiheit befehligt.

Eigens zum 35-jährigen Jubiläum der Last Border Patrol ist der 77-jährige Veteran aus dem Bundesstaat Washington an den ehemaligen Observation Post Alpha zurückgekehrt. Stolz verfolgte er die Feierlichkeiten der Point Alpha Stiftung im US Camp der Gedenkstätte.

Im Rahmen eines Festaktes mit internationalem Schüler-Begegnungstag wurde an die letzte Streife der US-amerikanischen Soldaten an der Innerdeutschen Grenze zwischen Rasdorf und Geisa erinnert.

Am Fahnenmast im US Camp flattert diesmal die Flagge von Clint Ancker, die ihn auf vielen Stationen seiner Laufbahn und bei Einsätzen begleitet hatte. So hatte seine persönliche „Stars & Strips“ bereits beim Abzug seines 3. Schwadrons über Point Alpha geweht.

Die würdevolle Flaggen-Parade, die sogenannte „Retreat Ceremony“, führten das Junior Reserve Officer Training Corps der amerikanischen Wiesbaden High School unter Leitung von Instructor Allen T. Ashton durch und endete mit der Intonation der Nationalhymne.

Die jungen Kadetten holten die US-Fahne ein, falteten sie sorgfältig und übergaben sie an die Stiftung. Für die rund 150 Zuschauer auf dem Appellplatz ein bewegender Moment.

Und für Clint Ancker hatte sich ein Kreis geschlossen. „Bereits als Geschichtsstudent hat er gehofft, dass der Osten eines Tages von der sowjetischen Besatzung befreit und Deutschland wiedervereinigt sein würde.

Aber dass dies zu seinen Lebzeiten passieren wird, hätte er niemals geglaubt“, erzählte Ancker, „und es mir eine große Ehre am 35. Last-Border-Day an diesem wunderbaren Denkmal für Freiheit und Freundschaft zu stehen.“

Am östlichen Vorposten der westlichen Welt hat die US-Army bis zum Frühjahr 1990 die Freiheit gesichert. Der letzte Kontrollgang ist ein Wendepunkt in der Geschichte.

„Mit der Last Border Patrol hält die Point Alpha Stiftung die Erinnerung an die Wachsamkeit und Einsatzbereitschaft der GIs wach und unterstreicht die Rolle dieses authentischen Ortes für die militärischen und politischen Entwicklungen, aber auch für die transatlantische Partnerschaft und die Entstehung einer demokratischen Kultur in Deutschland“, betonte Benedikt Stock.

„Das Wort ‚Abschreckung‘ ist allerdings zurückgekehrt“, stellte der Geschäftsführende Vorstand fest. „Abschreckung zur Bewahrung des Friedens, der Freiheit und Demokratie hat aber im Kalten Krieg nur deshalb funktioniert, weil die Mitglieder der NATO sich gegenseitig beistanden. Dafür sind Taten unumgänglich. Die Europäer, allen voran Deutschland, müssen mehr tun.“

Auch wenn Misstöne die derzeitigen politischen Verhältnisse über den Atlantik bestimmen, eine 80 Jahre andauernde Freundschaft sollte man nicht aufs Spiel setzen.

„Unser wichtigster Partner sind und bleiben die USA. Wir sollten unsere Energie gegen unsere Gegner richten. Gemeinsam sind wir stärker.“

„Freedom’s Frontier“ so nannten die Soldaten des 14. und dann des 11. Armored Cavalry Regiments den Beobachtungsstützpunkt, an dem Sie Jahrzehnte Dienst taten - täglich mit den Symbolen der Unfreiheit mit Streckmetallzäunen, Selbstschussanlagen und Minenfeldern konfrontiert.

Rund 100 Schüler begaben sich mit ihren Lehrkräften im Rahmen eines internationalen Begegnungstages auf eine Zeitreise.

Von den Zeitzeugen Aline Gros (Point Alpha Stiftung) und Craig Birchard (Blackhorse Association) erhielten die Jugendlichen aus der hessischen Gesamtschule Schenklengsfeld, vom thüringischen Sulzberger-Gymnasium aus Bad Salzungen sowie die amerikanischen Schüler der Wiesbaden High School Einblicke aus Ost- und West-Perspektive über den Alltag in den US-Baracken, die Hintergründe der Teilung und über die Lage damals am Eisernen Vorhang.

Als Stiftung transportiert Point Alpha auch immer die Botschaften für heute und für die Zukunft. Die Impulse sollen dabei möglichst in die Weite strahlen, regionale Geschichte an die junge Generation und ein internationales Publikum weitergeben.

„Dass sich auf Point Alpha thüringische und hessische Schulen wie selbstverständlich begegnen, war lange Zeit undenkbar und wurde erst mit der Wiedervereinigung vor 35 Jahren zur Normalität“, meinte Dr. Manuel Lösel, Staatssekretär im hessischen Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen.

Sicherheitspolitische Themen nähmen wieder einen größeren Raum im gesellschaftlichen Diskurs ein. Dies spiegele sich auch in den Schulen wider, die zudem die Herausforderungen mit zusätzlichen Schülern aus der Ukraine – aktuell 21.000 davon in Hessen und rund 6.500 in Thüringen - großartig meisterten.

Die Landesregierungen in Hessen und Thüringen fördern daher die wertvolle Tätigkeit des außerschulischen Lernortes Point Alpha im Sinne der historisch-politischen Bildung und der Erinnerungskultur.

Die Ereignisse und Folgen des Kalten Krieges verbunden mit einem Brückenschlag zu den Herausforderungen der Gegenwart waren auch Thema der Beiträge von Jennifer Walsh, stellvertretende Generalkonsulin im US-Generalkonsulat Frankfurt und von Colonel Christopher R. Danbeck, Verbindungsoffizier in der US-Armee Europe and Afrika.

Einig waren sich beide, dass mit der Präsenz der Amerikaner eine militärische Auseinandersetzung verhindert wurde und mit dem Blick in die Vergangenheit uns die Aufgaben für Gegenwart und Zukunft aufgezeigt werden.

Als Vertreter für die Landesregierung Thüringen erinnerte Stephan König auch an all diejenigen Menschen aus der ehemaligen DDR, die bei Fluchtversuchen ihr Leben riskierten oder es gar verloren.

Der Staatssekretär für Medien und Europa sowie Bevollmächtigter des Freistaates beim Bund hob hervor, dass man sich immer wieder vor Augen halten müsse, welch ein Privileg es sei, in Freiheit und Demokratie leben zu können.

Tausende Kilometer von ihrer Heimat entfernt riskierte jeder einzelne US-Soldat sein Leben für diese Werte, die uns nun alle verbänden. Dialog statt Distanz - auch der Freistaat leiste seinen Beitrag, damit die transatlantische Beziehung belastbar blieben und verwies dabei auf die Partnerschaften von sieben Thüringer Städten und Gemeinden mit verschiedenen US-amerikanischen Kommunen.

Den anwesenden Schülergruppen gab König mit auf den Weg, die Zukunft gemeinsam zu gestalten und dabei den Geist von Point Alpha in den Alltag einzubinden.

Ein musikalischer Höhepunkt war der Auftritt eines Bläserquintetts der U.S. Army Europe and Africa Band & Chorus. Das offizielle Musikkorps der U.S. Army Europe wurde 1949 als 33rd Army Band in Mannheim gegründet und 1952 an das Hauptquartier der U.S. Army Europe verlegt.

Seitdem begleitet es militärische Zeremonien, internationale Veranstaltungen und Kulturprogramme in ganz Europa. Bereichert wurde das Programm zudem von Stefan H. Deisenroth, der historische Fahrzeuge des US-Militärs aus seiner privaten Sammlung zusätzlich präsentierte und so den Gästen einen authentischen Einblick in die damalige Ausrüstung und Technik ermöglichte.

Moderiert wurde die Veranstaltung in deutscher und englischer Sprache von Philipp Metzler, Vorstand der Point Alpha Stiftung. Er lud nach dem offiziellen Teil die geladenen Gäste zum gemütlichen Beisammensein mit Austausch ein, dabei sorgte das Team des Black Horse Inn für die gastronomische Verpflegung.

Zahlreiche Ehrengäste aus Politik, Gesellschaft und Verbänden hatten der Veranstaltung beigewohnt. Darunter Thomas Hering (hessischer CDU-Landtagsabgeordneter), Jürgen Hahn (Bürgermeister der Point Alpha-Gemeinde Rasdorf) und Simone Kleinstück (Erste Beigeordnete der Point-Alpha Stadt Geisa).

Die Bundeswehr war vertreten durch Fregattenkapitän Rene Dingeldein vom Landeskommando Hessen sowie Oberstleutnant Claus Richter vom Landeskommando Thüringen.