Gastbeitrag von Julia Otto
Der Krieg in der Ukraine hat auch im Ev.-Luth. Kirchenkreis Bad Salzungen-Dermbach eine Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst. Überall helfen Menschen auf unterschiedliche Art und Weise.
Die Ev. Kirchgemeinde in Dorndorf hatte sich spontan der Hilfsaktion der Firma Schaarschmidt GbR in Eisenach angeschlossen und Hilfsgüter für die Ukraine gesammelt.
Die Resonanz war so groß, dass sich der Kirchenkreis kurzer Hand entschlossen hat, sich dem Hilfskonvoi der Firma Schaarschmidt GbR mit einem eigenen Fahrzeug anzuschließen.
Ganz spontan hatten sich Hanna Heiderich (25) und Florian Schlotzhauer (22) aus Oechsen bereit erklärt, die Hilfsgüter mit dem Kirchenkreisbus nach Warschau zu bringen.
Was die beiden Ehrenamtlichen in Warschau erwartet oder ob sie kurzfristig eine Unterkunft bekommen, war aufgrund der späten Ankunftszeit unklar.
„Wir hatten uns schon auf eine Übernachtung im Kirchenkreisbus eingestellt, deshalb sind wir dankbar, dass die Kampfsportschule Berk für uns eine Unterkunft organisiert und auch die Kosten übernommen hat“, so Hanna Heiderich.
Mit einer Kolonne aus insgesamt 15 Transportern und 1 LKW (40 Tonnen) haben die Helfer der Firma Schaarschmidt GbR, die Kampfschule Berk und die beiden Ehrenamtlichen insgesamt 2080 km zurückgelegt.
„Das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Kolonne“ hat der 25-jährigen Hanna Heiderich während dieser Zeit viel Kraft gegeben.
Nach einer 12h-Fahrt sind die Hilfsgüter ohne besondere Vorkommnisse am späten Mittwochabend bei einem Logistikzentrum in Warschau angekommen. Von dort werden die Spenden begleitet von einer Militäreskorte direkt in die Ukraine transportiert und an Hilfsbedürftige verteilt.
Ein weiterer Hilfstransport ist aus einer privaten Initiative in Oechsen entstanden
Zeit zum Luftholen blieb den beiden Ehrenamtlichen nach ihrer Ankunft am späten Donnerstagabend nicht. Bereits am nächsten Tag um 18 Uhr machte sich wieder ein privat organisierter Hilfskonvoi aus Oechsen auf dem Weg an die polnisch-ukrainische Grenze, für den sich die beiden Ehrenamtlichen wieder als Fahrer:in zur Verfügung gestellt haben.
Im Pfarrhaus in Oechsen wurden die Hilfsgüter von Freiwilligen sortiert angenommen und verpackt, fast alle Helfer kamen aus Oechsen. Gesucht wurden vor allem Thermounterwäsche, haltbare Lebensmittel, Erste-Hilfe-Kästen und Verbandsmaterial sowie Hygieneartikel, Isomatten, Decken und Schlafsäcke.
Die Initiative für diesen Hilfstransport kam von Jens Kürschner, Chef von Elektro-Kürschner aus Oechsen. „Die Idee war, Hilfsgüter mitzunehmen und Flüchtlinge mit nach Oechsen zu bringen, da wir auch Wohnungen zur Verfügung stellen können“, sagt Jens Kürschner.
Bei der Koordinierung der Hilfsgüter unterstützt die Ukrainerin Anastasiia Sheremeta. „Sie hilft uns beim Dolmetschen“ und ermittelt den „Bedarf vor Ort und einen Anlaufpunkt“, so Jens Kürschner.
Die 23-Jährige ist vor Kurzem selbst mit ihrer Schwester, deren Mann und Baby über Polen nach Deutschland mit dem Zug geflohen. „Wir haben 12 Stunden in der Kälte an der Grenze auf die Einreise gewartet“, erzählt die junge Ukrainerin.
Über eine Freundin in Deutschland ist sie nun bei Familie Schlotzhauer in Oechsen auf unbestimmte Zeit untergekommen. Täglich telefoniert sie mit ihrer Mutter, die in der Ukraine geblieben ist, um ihre kranke Oma zu versorgen.
Die Sorge um die eigene Familie ist groß, „drei bis fünf Mal am Tag ertönt der Alarm“, erzählt Anastasiia Sheremeta. Die junge Frau und ihre Familie sind auch in Deutschland weiterhin auf Hilfe angewiesen.
„Im Moment können sie ja keinen festen Job annehmen und haben auch keinen Zugriff auf ihr Konto“, erzählt Larissa Schlotzhauer aus Oechsen. Sie begleitet Anastasiia Sheremeta und ihre Angehörigen in der nächsten Zeit.
Das Wichtigste sei jetzt, schnell und unbürokratisch Ukrainern eine Zuflucht zu bieten. „Wenn man keine Familie in Polen hat, kann man dort nicht lange verweilen“, erzählt Anastasiia Sheremeta. Was die junge Frau sich jetzt wünscht ist seelischer Beistand.
Hilfsgüter wurden an ein Flüchtlingslager übergeben
Der zweite Hilfskonvoi startete am Freitagbend mit vier vollbepackten Transportern. An der Grenze war für den Hilfskonvoi kein Durchkommen. Kurzer Hand haben sich die acht Fahrer entschlossen, die Hilfsgüter im Flüchtlingslager an der Grenze auf der polnischen Seite abzugeben.
"Auch wenn die Hilfsgüter gut vorsortiert wurden, mussten die Kartons im Flüchtlingslager erneut von Helfern nach Dringlichkeit umsortiert werden um diese so schnell wie möglich nach Kiew zu transportieren.
"Medikamente und Blutzuckermessgeräte wurden am dringendsten gebraucht", berichtet Pfarrer Thomas Göhring (Oechsen) aus Erzählungen.
Todmüde und tief berührt von den Erlebnissen der Fahrt sind alle acht Fahrer am Sonntag wieder in Oechsen angekommen. "Auch wenn nach insgesamt 2240 km kaum einer der Fahrer ein Auge zugemacht hat, gab es nach der Ankunft großen Redebedarf, um die Ereignisse zu verarbeiten", so Pfarrer Thomas Göhring.
Auf dem Rückweg vom Hilfstransport Flüchtlinge mitgenommen
Auf dem Rückweg hat der Konvoi eine Familie mit 4 Frauen aus vier Generationen aus dem Flüchtlingslager an der polnischen Grenze mitgebracht.
Das jüngste Mädchen ist zwei Jahre alt. Die Familie ist wohlbehütet bei Familie Kürschner in Oechsen untergekommen. Viele Menschen in Oechsen haben der geflüchteten Familie bereits ihre Unterstützung zugesichert.
Vielen Dank für die vielen Spenden und an alle Helfer für die große Solidarität.