Zu einem 5G-Bürgerdialog lud die Stadt Kaltennordheim am Mittwoch ins Dorfgemeinschaftshaus Kaltenlengsfeld ein.
Grund hierfür war der geplante Neubau einen 5G-Mobilfunkmastes des Mobilfunkbetreibers Vodafone in Bezug auf den schon vorhandenen Funkturm, der nur einige hundert Meter entfernt steht.
Vor Ort waren Vertreter der Dialoginitiative „Deutschland spricht über 5G“, Bürgermeister der Stadt Kaltennordheim Erik Thürmer und Ortsteilbürgermeister Nico Denner. Per Liveschalte auf der Leinwand waren Helmut Zeitz von Vodafone, sowie Marcus Kornek und Dr. Florian Kohn vom Bundesamt für Strahlenschutz zugeschaltet.
Nico Denner und Erik Thürmer begrüßten die Gäste im Saal und die Experten vor Ort. Thürmer erläuterte, dass dies bereits die dritte Zusammenkunft zu dem Thema sei und schon einiges im Vorfeld besprochen wurde.
Zunächst erklärte Erik Thürmer, wie es überhaupt dazu kam. Die Stadt Kaltennordheim habe eine Anfrage eines Planungsbüros bekommen, „dort oben beim Kaltenblick“ einen Funkturm zu errichten.
Doch dieser Standpunkt habe auch einen emotionalen Hintergrund für die Kaltenlengsfelder. Auch Thürmer selbst fühle sich mit dem Ort sehr verbunden, „denn die Bank, die da oben steht, wurde damals von Udo Bauer errichtet“, der mit seinem Tod eine riesige Lücke im Dorf hinterlassen habe.
Erik Thürmer habe dies dem Planungsbüro geschildert und vorgeschlagen, den vorhandenen Turm mit zu nutzen – bis heute habe er keine vernünftige Antwort erhalten.
Aus diesem Grund habe er sich an die Dialoginitiative „Deutschland spricht über 5G“ gewandt und um Hilfe gebeten. Diese haben einen direkten Draht zwischen Kaltennordheim und Vodafone herstellen können, wo Bedenken angebracht werden konnten.
„Es war gut, dass wir gehört worden sind“, sagte der Bürgermeister.
Helmut Zeitz, Senior Experte Mobilfunk und Umwelt Region Ost bei Vodafone, erklärte, dass es wichtig sei, dahinter zuschauen, „warum wir das hier eigentlich tun und was wir hier vorhaben.“
Mobilfunk gehöre zum heutigen Dasein dazu, der Datentransport und das Datenvolumen habe sich in den letzten Jahren extrem vervielfacht. „Den Leuten geht es nicht mehr nur ums Telefonieren, die Bürger erwarten eine vernünftige Versorgung“, so Zeitz.
Mit 5G sei eine noch schnellere Datenübertragung möglich und das „ist vor allem interessant für Techniken, die bis jetzt noch nicht angewandt werden können“, sagt Zeitz weiter.
Er berichtet: „Jeden Tag gibt es viele Verkehrstote – die schnellere Datenübertragung beim autonomen Fahren würde den Straßenverkehr sicherer machen.“ Ziel sei es, die Zahl der schweren Unfälle mit dieser Technik maßgeblich zu verringern.
Doch das Netz, was es dazu braucht, entstehe nicht von selbst. Helmut Zeitz zeigte den Zuschauern eine Landschaftskarte rund um die Region Kaltennordheims, worauf die schon vorhandenen Funktürme zu sehen waren.
So stehen in Andenhausen, Kaltennordheim, Kaltenwestheim, Erbenhausen und auf der Hohen Geba bereits Türme, die aber nicht ausreichen, um Daten ordentlich transportieren zu können.
„Was treibt uns also hierher?“, fragte Zeitz in die Runde. Vodafone habe beim Bund Lizenzen gekauft mit Auflagen, welche Orte unterversorgt seien und demnach ausgebaut werden sollen. Kaltennordheim und Kaltenlengsfeld seien nur zwei von mehr als 6000 „weißen Flecken“ auf der Deutschlandkarte.
Der optimale Bauplatz wäre aus Sicht der Netzbetreiber am Hang zwischen den beiden Orten gewesen, „aber wir wissen, dass das nicht unbedingt auf Zustimmung stößt.“
Deshalb sei Zeitz froh, dass bereits eine Alternative von Seiten der Stadt Kaltennordheim vorgeschlagen wurde. Von dem vorhandenen Turm aus, könne man zwar Kaltenlengsfeld wunderbar versorgen, aber die Auflage für Kaltennordheim bliebe unerfüllt.
Aus diesem Grund habe Vodafone beantragt, den vorhandenen Turm in Kaltennordheim von 10 auf 15 Meter zu erhöhen. Diese bereits vollzogene Nachrüstung sorge für eine bessere Reichweite und das Netz von Kaltennordheim und Kaltenlengsfeld wären mit dem Anbau an dem schon vorhandenen Turm in Kaltenlengsfeld abgedeckt.
Helmut Zeitz denke, dies sei ein guter Kompromiss und hofft auf Zustimmung der Gemeinde. Der Mastinhaber müsse nur noch zustimmen und dann könne die Erweiterung starten.
Diesbezüglich sei Vodafone aber sehr optimistisch, da sich die beiden Netzbetreiber Telekom und Vodafone gegenseitig unterstützen würden.
„An diesem Punkt zeigt sich auch, wie wichtig es ist, miteinander zu sprechen“, sagt Zeitz abschließend.
Matthias Obermeier und Laurenz Mallmann von der Dialoginitiative „Deutschland spricht über 5G“, erzählen, dass sie dafür zuständig seien, der Bevölkerung Informationen über den Ausbau von 5G mitzugeben. Seit 2020 seien etliche Fragen aufgekommen, die sie nach und nach mit Experten beantworten.
Einer dieser Experten ist Marcus Kornek, Wissenschaftlicher Referent im Bundesamt für Strahlenschutz. Kornek informierte die Zuschauer über die Frequenzen von Mobilfunk. Er erklärte, dass die 5G-Frequenzen schon benutzt werden und wurden.
Bisherige wissenschaftliche Erkenntnisse seien auf 5G anwendbar, so Kornek. Die Ganzkörperexposition sei mit dem Anbau einer weiteren Antenne ähnlich wie bisher.
Marcus Kornek versicherte, dass beim Bundesamt für Strahlenschutz sämtliche unterschiedliche Studien beleuchtet wurden, nach deren Sichtung sich ein Gesamtbild herauskristallisiere.
Die gesundheitlichen Effekte seien gut untersucht, es wurden Grenzwerte festgelegt – bei Einhaltung sind keine Gesundheitsschädigungen zu erwarten, so Kornek.
Mobilfunkbasisstationen würden diese Grenzwerte außerdem nur zu einem geringen Prozentsatz ausschöpfen. Kornek versicherte, dass die Strahlung, die beispielweise von Handys, Babyphonen oder auch Mikrowellen ausgesandt werde, viel höher sei als von einem Masten, der weit weg steht.
Ein Zuhörer hatte den Einwand, es gebe immer einen positiven, aber auch einen negativen Aspekt. Dies sei beispielsweise die lückenlose Überwachung durch 5G wie in China.
Eine weitere Zuhörerin steigt mit ein: „Es gibt keine Möglichkeit, nicht überwacht zu werden. Dieser gläserne Mensch - wer schützt mich davor?“ Kornek antwortete, dass dafür der Bundesdatenschutzbeauftrage zuständig sei und er diese Frage so nicht beantworten könne.
Ein anderer Zuhörer wollte wissen, ob es nicht gesundheitsschädlicher wäre, wenn viele Antennen von einem Punkt aus Strahlen, als wenn von mehreren Masten aus gesendet würde. Auch hier konnte der Referent beruhigen: „Aus gesundheitlicher Sicht ist dies irrelevant, da die Grenzwerte eingehalten werden müssen.“
Eine weitere Zuschauerin fragte, ob es eine gesetzliche Verpflichtung gebe, auf 5G aufzustocken oder ob dies nur ein Angebot des Betreibers sei.
Helmut Zeitz von Vodafone gab an, dass der Netzbetreiber an Linzenzauflagen gebunden sei – er müsse in ganz genauen Zeiträumen definierte Bevölkerungsbereiche versorgen. Die Bundesnetzagentur habe den Ausbau für Kaltennordheim und Kaltenlengsfeld beauftragt und Vodafone hat dafür die Lizenzen erworben.
Weiterhin meldete sich eine Zuhörerin und berichtete, dass es neben den positiven auch viele negative Seiten geben würde. Es gebe etliche Studien, die dies beleuchten.
Gerne wären an diesem Abend auch Referenten der „Diagnose Funk“ gekommen, „aber das Angebot wurde leider nicht angenommen“. Nico Denner antwortete, dass die Tagesordnung bereits im Vorfeld mit den Referenten abgestimmt gewesen sei und eine weitere Veranstaltung gerne noch nachgeholt werden könne.
Der Ortsteilbürgermeister aus Mittelsdorf, Herbert Witzel, und das Stadtratsmitglied Michael Roth waren ebenfalls in Kaltenlengsfeld vor Ort. Auch in diesem Kaltennordheimer Stadtteil soll ein Mobilfunkmast errichtet werden.
Witzel berichtete, dass der Turm dann nur 250 Meter von Mittelsdorf entfernt sein würde und zu den umliegenden Orten, wie Kaltenwestheim und Kaltensundheim, eine weitaus höhere Entfernung habe.
Zudem kam es in Mittelsdorf zu einem privaten Grundstückskauf von Vodafone, ohne dass der Ortsteilrat und die Stadt Kaltennordheim informiert wurden.
„Wir hätten gerne noch alternative Standorte vorgeschlagen, die nicht direkt hinter dem Dorf gelegen hätten“, sagte Herbert Witzel.
Erik Thürmer antwortete, dass Kaltennordheim mit Herrn Zeitz jetzt einen Ansprechpartner von Vodafone hätte und er dieses Problem schon angesprochen habe.
Der Bürgermeister schlug vor, einen solchen Abend wie in Kaltenlengsfeld auch für Mittelsdorf zu organisieren, um eine bessere Lösung zu finden.
„Eine Lösung, mit der alle Bürgerinnen und Bürger durchaus zufrieden sind, wird es nie geben“, sagt Zeitz abschließend, „aber ich denke, in Kaltenlengsfeld haben wir das Beste dafür gegeben.“