Gastbeitrag von Felicitas Kotsch
Heute vor sechs Monaten überfiel Russland die Ukraine. Und heute vor 31 Jahren erlangte die Ukraine, eine Nation mit mehr als 1000-jähriger Geschichte, ihre staatliche Unabhängigkeit.
Dies feierten gestern im evangelischen Pfarrgarten in Dermbach mehr als 100 Menschen. Ebenso gedachten sie in einer Schweigeminute der Opfer, die der Krieg bisher gefordert hat.
„Stell dir vor, du wachst nachts um vier auf und hörst Bombenhagel ganz in deiner Nähe. Und du begreifst: Sie haben tatsächlich angegriffen.“ So beschrieb Julia Jabragina aus Kiew den 24. Februar 2022. Sie schaffte mit ihrer Familie die Flucht und lebt mittlerweile in Oechsen.
Am 13. März kam in Dermbach ein Bus des Reisebüros Schieck/Eisenach an. Familie Schieck, langjährige Freunde des Pfarrers Gerald Kotsch, hatte auf eigene Initiative hin Flüchtlinge von der polnisch-ukrainischen Grenze geholt.
Zusammen mit Bürgermeister Thomas Hugk und dessen Frau Margit wurden in Windeseile Gastfamilien gefunden, die seitdem mit großem Einsatz und mit unendlicher Geduld gegenüber der deutschen Bürokratie für „ihre“ Ukrainer sorgen.
Inzwischen sind über 80 Ukrainer in Andenhausen, Dermbach, Empfertshausen, Oechsen, Stadtlengsfeld und Urnshausen untergekommen.
Als großes Dankeschön traten nun die Ukrainer als Gastgeber für ihre deutschen Beschützer auf.
Auch Vertreter der Schulen, der Schulküche, des Kindergartens und der Helfergruppe für die ukrainischen Kinder, die Dermbacher Arztpraxen Grammlich und Medimas, Katja und Christoph Sell vom Edeka, die sich von Anfang an als Arbeitgeber für viele Ukrainer eingesetzt hatten, und Marcel Hohmann, erster Ansprechpartner der Verwaltungsgemeinschaft Dermbach, waren eingeladen.
Ein riesiges Buffet mit ukrainischen Spezialitäten, eine Rede auf deutsch mit mehreren Sprecherinnen und sehr persönlichen Beiträgen, ein Auftritt des Chores „Ukrainska Duscha“, ein modernes musikalisches Programm - all das waren Zeichen der tief empfundenen Dankbarkeit und auch Freundschaft, die in den vergangenen Monaten gewachsen ist.
„Wenn unsere Gäste eines Tages in die Ukraine zurückkehren und über Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit der Deutschen berichten können, hätte sich alles gelohnt.“ Dies war als Tenor von vielen Gastgebern und Helfern an diesem Abend zu hören.
Einer der vielen bewegenden Momente, in denen auch Tränen flossen, war das Singen der Nationalhymne „Noch ist die Ukraine nicht verloren“ und des in der Ukraine gerade in diesen Tagen oft in der Öffentlichkeit gesungenen Liedes von Tina Karol „Україна - це я, Украïна-це ти“ (Ukraina - tse ja, Ukraina - tse ti - Ukraine, das bin ich, das bist du).
An diesem Abend waren alle mit ihren Herzen und Gedanken in der Ukraine und viele auch ein Teil von ihr.