Gastbeitrag von Michael Knauf
Am 21.März 1842 wurde der in Fachkreisen als Moosforscher bekannte Adalbert Geheeb in Geisa geboren. Sein Vater Heinrich Theodor Geheeb und seine Mutter Minna waren die Inhaber der Hirsch-Apotheke am Marktplatz der Rhönstadt Geisa.
Der sehr gut erhaltene Verkaufsraum zeigt noch heute als kleines Apothekenmuseum die Ausstattung aus Edelholz mit handgedrehten Büchsen aus dem 19. Jahrhundert. Die großzügige räumliche Bauart des Apotheken-Gebäudes passt sehr gut zu einer Familie, die in freie starke Persönlichkeiten mündete.
Nach dem Besuch des Gymnasiums in Eisenach, absolvierte Geheeb eine Ausbildung zum Apotheker in Coburg. Seine Gehilfenjahre verbrachte Adalbert Geheeb in der Schweiz, wo er sich mit ersten botanischen Forschungen beschäftigte. Von 1864 bis 1867 studierte Geheeb Pharmazie in Jena.
Durch das frühe Ableben seines Vaters übernahm Geheeb im Jahr 1867 die Hirsch-Apotheke. Er zog im Hausgarten und anderen Gärten der Stadt viele Heilpflanzen, aus denen er Medikamente herstellte. Da es zur damaligen Zeit kaum fertige Präparate gab, mussten fast alle Rezepturen eigenhändig und unter großer Mühe angefertigt werden.
Aus Überlieferungen ist bekannt, dass neben den selbst gekochten Bonbons auch ein spezielles Räucherpulver hergestellt wurde, welche seine damaligen Patienten sehr lobten.
Trotz intensiver Arbeit in seiner Apotheke fand Adalbert noch Zeit Moose zu sammeln, zu präparieren und zu erforschen. Vor allem beschäftigte er sich mit der Landschaft und Natur der Rhön, weiterhin reiste er in den Süden und in nordische Länder.
Adalbert Geheeb fand internationale Anerkennung als Bryologe und ein Dutzend Moosarten wurden nach ihm benannt, wie die Moosgattung „Geheebia“ oder das Laubmoos „Brachvthecium geheebi“.
Wer das Geisaer Stadtmuseum besucht kann Bilder bestaunen auf welchen in einmaliger Kunst Landschaften aus gepressten Moos dargestellt sind. Im Haeckelmuseum von Jena befindet sich eine größere Sammlung von Moosbildern Adelbert Geheebs.
Sämtliche Bilder sind in Geisa entstanden, wenn auch teils aus Moosen ferner Länder. Er legte mit großer Systematik ein Moosherbarium von 1300 Spezies, vorkommend in 50.000 verschiedenen Formen an und veröffentlichte über 80 wissenschaftliche Abhandlungen. In seinen Büchern befanden sich zahlreichen Illustrationen, von unschätzbarem Wert für die Bryologie.
Auch die Kunst wurde im Hause Geheeb gepflegt. Einmal in der Woche fand im ersten Stock, im sogenannten „Sälchen“, ein Kammermusikabend statt. Die Kinder von Adalbert Geheeb waren alle sehr strebsam und eiferten ihren Eltern nach.
Die Tochter Anna Geheeb konnte als einer der ersten Frauen Deutschlands Medizin studieren und wurde eine anerkannte und beliebte Ärztin.
Der Sohn Paul Geheeb war ein namhafter Reformpädagoge und gründete im Jahr 1910 die Odenwaldschule und nach 1933 in der Schweiz die Schule der Menschlichkeit (Ecole d´Humanité).
Der Sohn Reinhold Geheeb war in München der Inhaber eines Verlages und Redakteur einer bekannten Zeitschrift.
Adalbert Geheeb war 1876 einer der Mitbegründer des Rhönklubs in Gersfeld, sowie der langjährige Vorsitzender des Ortsvereins in Geisa. Im Jahr 1869 wurde er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Von der Royal Botanical Society in London wurde ihm die Ehrendoktorwürde verliehen.
Nach dem Tod seiner ersten Frau Adolphine Geheeb verkaufte Adalbert nach 30 Jahren im Jahr 1897 seine Hirsch-Apotheke und zog einige Zeit später zu seiner zweiten Ehefrau Emmy, geborene Belart, nach Freiburg im Breisgau.
Adalbert Geheeb verstarb am 13. September 1909 in Königsfelden ein kleiner Ort im Schweizer Kanton Aargau.
Sein Moosherbarium wurde 1943 in Berlin durch angloamerikanische Bombenangriffe zerstört. Unterlagen und Briefe von Adalbert Geheeb werden im Nachlass von Paul Geheeb in der Schule der Menschlichkeit in der Gemeinde Goldern im Schweizer Kanton St. Gallen aufbewahrt.
Weitere Exponate befinden sich im Herbarium Senckenbergianum in Frankfurt/Main, sowie im Haeckel-Hausmuseum in Jena. Von den Natur- und Heimatfreunden unter Leitung von Gustav Möller („Polle“) wurde schon Ende der 1950iger Jahre, mit aktiver Hilfe und Unterstützung der Stadt Geisa, eine Gedenktafel zu Ehren von Adalbert Geheeb an seinem Geburtshaus angebracht.
Wer mehr über das Leben und Wirken von Adalbert Geheeb und andere berühmter Geisaer /Rhöner Persönlichkeiten erfahren möchte, dem empfehlen wir einen Besuch in der Anneliese Deschauer Galerie und dem Stadtmuseum von Geisa.
Das kleine, ansehenswerte und private Apothekenmuseum im Geburtshaus Geheebs am Marktplatz von Geisa kann auf Anfrage besichtigt werden. Um eine vorherige Anmeldung in der neuen Hirsch-Apotheke (seit 1994) direkt neben dem Ärztehaus, in 36419 Geisa, Bahnhofstraße 12, Tel.: 036967/75202, Inhaberin Frau Kathrin Wagner, wird gebeten.
Ohne die Heimatforscher und Chronisten Herr Willi Ritz, Herr Alexander Henning und Herr Heinz Kleber (†) wäre dieser Beitrag nicht möglich gewesen.
Diese Heimatforscher halten das Andenken und das Vermächtnis aller großen Söhne von Geisa hoch und versuchen, dass diese Berühmtheiten nicht in Vergessenheit geraten.