Gastbeitrag von Sylvia Möller
Die Blaue Scilla und ein Holzeinschlag im „Herrenholz“ bei Bremen war eines der Themen der letzten Stadtratssitzung der Stadt Geisa. Nach der Forsteinrichtung der Stadt ist in diesem Waldstück regulär ein geplanter Holzeinschlag mit 292 Erntefestmetern Buchenholz vorgesehen.
„In diesem Waldstück hat sich die Scilla Bifolia in den letzten 20 Jahren extrem vermehrt“, berichtete Rudolf Nensel aus Otzbach.
Er organisiert seit Jahren das Scillafest und hatte zur Stadtratssitzung Rederecht zu diesem Thema beantragt. In dem zwei Hektar großen und 150 Jahre alten Buchenbestand sollten laut den Planungen der Forstreinrichtung etwa 40 Bäume gefällt werden.
„Wir möchten den Wald mit seinem jetzigen Bewuchs erhalten“, plädierte der Otzbacher Wanderführer.
Laut Nensel würden durch Rückearbeiten die drei bis fünf Zentimeter tiefliegenden Zwiebeln zerstören und damit den seltenen Blumen die Lebensgrundlage genommen werden.
Neben dem „Herrenholz“ gibt es noch einen weiteren bekannteren Standort der Scilla am Arzberg bei Otzbach, der auch bei den Einheimischen der „Berg der Blauen Blume“ genannt wird.
An diesem Ort schmückt sich meist im zeitigen Frühling genauso wie am „Herrenholz“ in Bremen der sonst noch kahle Buchenwald mit einem blauen Blütenteppich.
Von gelegentlich auftretenden Einzelexemplaren abgesehen, sind der Arzberg sowie das „Herrenholz“ die einzigen Wuchsorte des Blausterns im Biosphärenreservat Rhön.
Die Art besitzt in der Rhön ein abgelegenes, recht isoliertes Vorkommen. Das massenhafte Auftreten an den beiden einzelnen Stellen und ihr völliges Fehlen in der gesamten Umgebung ist für die Fachleute schon seit langem ein Rätsel.
„Die Blumen brauchen es vor allen Dingen schattig“, erklärte Rudolf Nensel den Stadträten.
Durch das Fällen der Bäume wird die Vermehrung der Population gestört oder diese geht im schlimmsten Fall ganz zurück. Auf der anderen Seite fehlen der Stadt Geisa aus dem geplanten Holzeinschlag etwa 8.300 Euro Einnahmen, war von Revierförster Matthias Schorr zu hören.
Bereits im letzten Jahr gab es mit Vertretern der Stadt und der Umweltbehörde sowie dem Revierförster und interessierten Bürgern einen Waldgang, um sich vor Ort die Situation anzuschauen.
„Von Seiten der Umweltbehörde sieht man bei einem Holzeinschlag keine Gefahr für die Scilla-Population“, erläuterte Bürgermeisterin Manuela Henkel und las die dazu verfasste Stellungnahme vor.
Allerdings hatte sie sich genauso wie der im letzten Jahr neu gewählte Stadtrat bei einer erst kürzlich stattgefundenen Waldbegehung von der Besonderheit dieses Waldstückes überzeugt.
In diesem befinden sich auch keltische Spuren einer Siedlung, eine mittelalterliche Landwehr sowie Reste eines ehemaligen Turmes. Rudolf Nensel unterbreitete den Stadträten bei seinen Ausführungen auch alternative Vorschläge und bat abermals um den Erhalt dieses Waldstückes.
„Ich habe heute Mittag dazu extra die Wunschglocke geläutet und mir Einsicht und Verständnis des Stadtrates, die Bäume stehen zu lassen, gewünscht“, fügte er schmunzelnd hinzu.
In der folgenden nichtöffentlichen Beratung beschlossen die Stadträte, die geplanten Baumfällarbeiten nicht umzusetzen und auf die Einnahmen zu verzichten.
„Wir wollen als Stadt im Sinne des Naturschutzes einen Beitrag leisten und außergewöhnliche Orte, die auch weit über unsere Region hinaus bei Touristen und Naturliebhabern auf Interesse stoßen, erhalten “, erklärte Manuela Henkel die Entscheidung.
Auf der anderen Seite machten die Stadträte aber auch deutlich, dass die reguläre Bewirtschaftung des Waldes, genauso wie Neuanpflanzungen weiterhin große Priorität haben.